Lucien Favre sieze ich noch heute" 11FREUNDE

Herr von Bergen, wie ist es, der Chef von Fabian Lustenberger zu sein?(Lacht) Das ist ja mal eine gute Frage zum Start. Jeder wei, dass unser gemeinsames Abenteuer bei Hertha BSC in Berlin begonnen hat. Das ist jetzt mein Gott fast 20 Jahre her. Bei Hertha hat sich eine Freundschaft entwickelt, die bis

Herr von Bergen, wie ist es, der Chef von Fabian Lust­en­berger zu sein?
(Lacht) Das ist ja mal eine gute Frage zum Start. Jeder weiß, dass unser gemein­sames Aben­teuer bei Hertha BSC in Berlin begonnen hat. Das ist jetzt – mein Gott – fast 20 Jahre her. Bei Hertha hat sich eine Freund­schaft ent­wi­ckelt, die bis heute besteht. Als Fabian 2019 zu den Young Boys nach Bern gekommen ist, habe ich mich sehr gefreut. Das war ein sehr schöner Moment.

Als Sport­di­rektor der Young Boys haben Sie Lust­en­ber­gers Ver­trag gerade noch einmal um ein Jahr ver­län­gert. Wie waren die Ver­hand­lungen mit ihm?
Das war für uns beide schon eine komi­sche Kon­stel­la­tion, als wir in meinem Büro am Tisch saßen und uns gesagt haben: Okay, jetzt müssen wir übers Geschäft reden und unsere Freund­schaft für ein paar Minuten zur Seite schieben. Aber wir haben das gut und pro­fes­sio­nell gere­gelt. Trotzdem war es keine ein­fache Ent­schei­dung.

Warum nicht?
Fabian ist jetzt 35, und vor einem halben Jahr wusste er selbst noch nicht, ob er wei­ter­macht oder nicht. Mir war wichtig, dass er wirk­lich über­zeugt ist. Am Ende hat er gesagt: Ich bin fit, ich bin hungrig und will unbe­dingt noch spielen.

Sie kennen sich seit mehr als andert­halb Jahr­zehnten, sind im Sommer 2007 fast gleich­zeitig aus der Schweiz zu Hertha BSC gekommen. Welche Erin­ne­rungen haben Sie noch an die ersten gemein­samen Wochen in Berlin?
Wir haben anfangs zusammen in einem Hotel im Tier­garten gewohnt. Das war schon ein biss­chen komisch, wir beide allein in diesem Hotel. Und Fabian war fast noch ein Kind, gerade 19 geworden. Aber es hat von Anfang an sehr gut gepasst. Wir haben uns da gefunden. So kann man das sagen. Dass ich fünf Jahre älter bin als er, hat jeden­falls keine Rolle gespielt. Wenn du im Aus­land bist, ist es ganz normal, dass du den Kon­takt zu deinen Lands­leuten suchst. So war das auch bei uns.

Steve von Bergen, 40,

ist seit einem Jahr Sport­di­rektor von Young Boys Bern. Der Schweizer Meister bestreitet an diesem Samstag (16 Uhr, in Biel) ein Test­spiel gegen von Ber­gens Ex-Klub Hertha BSC. Zwi­schen 2007 und 2010 ist der Innen­ver­tei­diger in 68 Bun­des­li­ga­spielen für Hertha zum Ein­satz gekommen. Außerdem war er für Xamax Neu­châtel, den FC Zürich, den FC Cesena, US Palermo und Bern aktiv. Für die Schweizer Natio­nal­mann­schaft hat von Bergen 50 Län­der­spiele bestritten. Im Mai 2019 hat er seine Kar­riere als Fuß­baller beendet.

Her­thas neuer Trainer Lucien Favre war auch ein Lands­mann. Er hatte Sie schon beim FC Zürich trai­niert und Sie dann zu Hertha nach­ge­holt. War das für Sie eine schwie­rige Kon­stel­la­tion?
Ich habe mir das nicht so kom­pli­ziert vor­ge­stellt. Wenn ich gut gespielt habe, war es okay. Wenn ich schlecht gespielt habe, hieß es: Das ist der Spieler des Trai­ners. Das habe ich ein biss­chen unter­schätzt.

Der Tages­spiegel hat damals geschrieben, Sie sollten eine Art Dol­met­scher sein für Favres Ideen vom Fuß­ball.
Das war tat­säch­lich ein biss­chen Luciens Idee. Er hatte mich schon aus meiner Hei­mat­stadt Neu­châtel nach Zürich geholt, wo wir mit dem FCZ zweimal Schweizer Meister geworden sind. Hertha hatte damals zwei tolle Innen­ver­tei­diger …

… Arne Fried­rich und Josip Simunic …
… und trotzdem wollte Favre für die Abwehr noch einen Spieler haben, der seinen Fuß­ball schon kannte, und der ver­steht, was er will. So ist er auf mich gekommen. Aber wir hatten in Berlin kein beson­ders enges Ver­hältnis. Ich kann mich nicht erin­nern, dass ich mal bei ihm im Trai­ner­büro war. In Zürich hatten wir einen viel inten­si­veren Aus­tausch. Es war für uns beide wichtig zu zeigen: Wir sind keine Kum­pels. Wir waren auch nie per Du. Noch heute, wenn wir mal tele­fo­nieren, siezen wir uns.

Haben Sie noch Kon­takt?
Selten. Als er Trainer in Nizza war, habe ich ihm einige SMS geschrieben. Und er hat mich ange­rufen, als ich meine Kar­riere beendet habe.

Wahr­schein­lich ist Favre um sechs Uhr auf­ge­standen und hat als Erstes an Fuß­ball gedacht“

Wie haben Sie Favre in seiner Anfangs­zeit bei Hertha erlebt?
Bis dahin hatte Lucien Favre nur in der Schweiz gear­beitet. Berlin war für ihn eine andere Welt. Ein Tra­di­ti­ons­verein mit großem Namen, dazu die Medi­en­land­schaft und der öffent­liche Druck. Ich glaube, er musste erst lernen, sich zu schützen. Favre wollte unbe­dingt so spielen wie in Zürich. Im zweiten Jahr hat es super geklappt. Aber auch er brauchte eine Ein­ge­wöh­nungs­zeit.

Auf viele wirkte Favre damals wie ein Nerd.
Für ihn gab es nur Fuß­ball, Fuß­ball, Fuß­ball … Fuß­ball ist sein Leben. Wahr­schein­lich ist er um sechs Uhr auf­ge­standen und hat als Erstes an Fuß­ball gedacht. Das war mehr als eine Lei­den­schaft. Und ist es immer noch, oder? Lucien Favre über­legt ständig, wie er noch etwas ent­wi­ckeln und eine Mann­schaft besser machen kann.

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